Hallo ihr Lieben!

Momentan ist bei uns ein Thema sehr aktuell – nämlich das Vorschuljahr. Und zwar spreche ich vom sogenannten “Vorschuljahr im Kindergarten”, von dessen Existenz ich bis vor Kurzem noch nicht einmal gewusst hatte. Denn unsere Große wird nächstes Jahr eingeschult und folglich wird ihr aktuell sehr häufig die Frage gestellt:

“Und nach den großen Ferien bist du dann also ein Vorschulkind?”

Unsere Große bejaht diese Frage immer freudig lächelnd. Denn sie selbst sieht sich absolut als Vorschulkind: Schließlich kommt sie ja nächstes Jahr endlich(!) in die Schule, ist jetzt also ein richtig großes(!) Mädel und somit in ihren eigenen Augen folglich auch ein waschechtes(!) “Vorschulkind”.

Dass mit dieser Frage meist der Übergang in die Vorschulgruppe des Kindergartens gemeint ist, weiß unsere Tochter nicht. Oder vielmehr interessiert es Sie auch gar nicht. Oft lasse ich dies dann auch einfach so stehen. Je nach Situation erwähne ich aber manchmal auch, dass unsere Kinder ja gar keinen Kindergarten besuchen. Das ist ganz einfach abhängig davon, wer vor mir steht und wie meine Laune gerade ist 😉 In diesem Kontext wird man dann nämlich gerne mit einigen Dingen konfrontiert.

3 Vorurteile, die einem häufig begegnen. (Oder auch Fragen, die ihr euch vielleicht selbst schon gestellt habt.)

1) Das letzte Kindergartenjahr ist doch Pflicht?

Offenbar herrscht die Meinung vor, dass das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung Pflicht sei. Diese Aussage begegnet mir immer wieder. Allerdings ist dies nicht korrekt. Auch wenn Ursula von der Leyen bereits im Jahr 2006 ein verpflichtendes Vorschuljahr einführen wollte (1) und die aktuelle Familienministerin Franziska Giffey einer “verpflichtenden frühkindlichen Bildung” gegenüber deutlich positiv eingestellt ist (2, 3): Es gibt in Deutschland bislang keine Pflicht, sein Kind (im letzten Kindergartenjahr) fremdbetreuen zu lassen (4, 5, 6). Punkt. Und auch die Familienministerin hat sich kürzlich gegen eine bundesweite Kitapflicht ausgesprochen (7).

Eine Ausnahme gibt es: Wurde das Kind vom Schuleintritt zurückgestellt, ist also vom Alter her bereits schulpflichtig, kann es in einigen Bundesländern zum Besuch einer Einrichtung im Sinne einer Fördermaßnahme verpflichtet werden.

Auch in Österreich sieht die Sachlage etwas anders aus: Dort ist das letzte Kindergartenjahr in der Tat verpflichtend (6, 8, 9). Allerdings kann man sein Kind hiervon auch recht unkompliziert wieder abmelden. Alles andere wäre auch äußerst verwunderlich, da es in Österreich (wie übrigens in fast allen Ländern weltweit außer Deutschland, Schweden, zwei Kantonen der Schweiz sowie der Türkei) keine Schulpflicht, sondern lediglich eine Bildungs- bzw. Unterrichtspflicht gibt (10, 11).

2) Das Kind hat doch nie gelernt, sich von der Mama zu trennen und wird keine Freunde finden!

Punkt 1: Ein Kind, das nie eine Eingewöhnung durchlaufen hat und folglich nie lernen musste, ohne Mama klarzukommen, wird mit der plötzlichen Trennung nicht klarkommen!

In unserem persönlichen Fall mache ich mir da überhaupt keine Sorgen. Die Große geht schon seit langer Zeit gerne ihren eigenen Aktivitäten nach und hat seit ihrem dritten Lebensjahr keinerlei Probleme damit, sich von mir zu trennen. Eher ist sie offenbar froh, mich regelmäßig los zu sein 😉 und freut sich sichtlich auf die anstehende Unabhängigkeit. Was in meinen Augen dann auch genau so ist, wie es sein sollte: “Mama, das ist nämlich cool ohne dich!” Bingo!

Von anderen Selbstbetreuern habe ich erfahren, dass es bei ihnen ähnlich problemlos ablief. Was man natürlich auch nicht vergessen darf: Die Kinder sind zu diesem Zeitpunkt bereits 6 Jahre alt. Und nicht mehr mit Zwei- oder Dreijährigen zu vergleichen.

Eine befreundete Lehrerin bescheinigte mir allerdings, dass sie auch regelmäßig Kindergartenkinder in ihrer Klasse habe, die mit dem Wechsel vom Kindergarten in die Grundschule Probleme hätten und mit der neuen Situation Probleme nicht gut zurechtkämen. Der Besuch eines Kindergartens bzw. des Vorschuljahres garantiert also mitnichten einen reibungslosen Übergang in die Schule.

Vorschuljahr Kindergartenfrei Selbstbetreuer

Punkt 2: Im Kindergarten haben sich bereits Grüppchen gebildet und das Kind wird keinen Anschluss / keine Freunde finden!

Auch die Bedenken hinsichtlich dieses Arguments wurden mir in Selbstbetreuer-Kreisen genommen. Keines der mir bekannten Kinder hatte Probleme, schnell Anschluss zu finden.

Zu Bedenken ist auch, dass die Kinder eines Kindergartens häufig nicht alle die gleiche Schule besuchen werden. Dann treffen sie in der Schule auch wieder auf neue Gesichter. Oder die Kinder aus verschiedenen Kindergärten werden nachher in einer Grundschulklasse “zusammengewürfelt”. Dann haben sie sich vorher auch nicht gekannt.

Um nochmals auf unsere persönliche Situation zurückzukommen: Auch diesen Punkt betreffend habe ich eher wenige Bedenken. Denn ob ein Kind schnell Anschluss findet oder nicht, ist sicherlich auch abhängig von Charakter und Temperament. Bei unseren beiden Großen habe ich da eher keine Bedenken. Zudem ist unsere Tochter bereits mit einigen Kindern, mit denen sie nächstes Jahr die Schulbank drücken wird, befreundet. Sportverein und regelmäßige zufällige Treffen auf dem Spielplatz machen sowas möglich 🙂

3) Aber ist das letzte Jahr im Kindergarten, das Vorschuljahr, nicht wichtig als Vorbereitung auf die Schule?

Üblicherweise folgt auf das nun entkräftete Argument, dass das letzte Kindergartenjahr doch verpflichtend sei, meist folgender Einwurf:

“Aber das letzte Kindergartenjahr ist doch so wichtig als Vorbereitung auf die Schule! Da lernen die Kinder doch schon so viel!”

Stellt sich also die Frage: Müssen Kinder ein spezielles Vorschuljahr durchlaufen, um  in ihren kognitiven Fähigkeiten optimal auf die Schule vorbereitet zu werden?

Um jetzt mal ganz ehrlich zu sein und etwas privat aus dem Nähkästchen zu plaudern: Sowohl mein Mann als auch ich sehen dieses Thema relativ gelassen. Also nein, wir persönlich erachten es nicht als unerlässlich zur Vorbereitung auf die Schulzeit. 

Generell betrachtet ist der Besuch eines Kindergartens nicht zwingend notwendig für eine optimale Entwicklung der Kinder (12, 13, 14 sowie die eigene persönliche Erfahrung). Vom Lebensmodell “Kindergartenfrei” bin ich mittlerweile nicht nur sehr überzeugt, sondern finde es auch richtig klasse und begegne allen “Befürchtungen” und Vorurteilen extrem gelassen.

Allerdings habe ich mir im Zuge der nun immer näher rückenden Einschulung dann doch ernsthaft die Frage gestellt, ob ich meinem Kind nicht vielleicht doch etwas vorenthalte, wenn es an besagtem und offenbar essenziellem Vorschuljahr nicht teilnimmt.

Also war es zunächst an der Zeit für eine gründliche Recherche. Und weil mein Artikel nun extrem lang werden würde, beende ich ihn an dieser Stelle. Hier findet ihr Teil 2, in dem ich darüber berichte, wie so ein Vorschuljahr konkret aussieht und was wir stattdessen zu Hause so tun. Wer sich also weiter in die Thematik einlesen möchte: Was wird im Vorschuljahr gemacht – und geht es vielleicht auch ohne?


Quellen

(1) https://www.zeit.de/online/2007/08/vorschul-pflichtjahr

(2) https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2018/03/2018-03-23-regierungserklaerung-ministerin-familie-giffey.html

(3) http://franziska-giffey.de/standpunkte/

(4) https://www.abendblatt.de/politik/article214242573/Eine-Kita-Pflicht-in-Deutschland-hilft-nicht-weiter.html

(5) http://www.fr.de/politik/kita-pflicht-deutsche-eltern-wuerden-auf-die-barrikaden-gehen-a-1490944

(6) https://www.das.de/de/rechtsportal/rechtsfrage-des-tages/1/muss-mein-kind-in-die-kita.aspx

(7) https://www.pro-medienmagazin.de/politik/2018/03/19/familienministerin-will-keine-kitapflicht/

(8) https://diepresse.com/home/bildung/schule/kindergarten/688876/Kindergartenpflicht_Strafen-fuer-Eltern

(9) https://www.frauen-familien-jugend.bka.gv.at/familie/kinderbetreuung/gratiskindergarten-verpflichtender-besuch/kindergartenbefreiung.html

(10) https://de.wikipedia.org/wiki/Schulpflicht

(11) https://www.deutschlandfunk.de/bildungspflicht-statt-schulpflicht.680.de.html?dram:article_id=38908

(12) https://www.kinder-verstehen.de/aktuelles/bildung-ist-wie-ein-haus-zuerst-braucht-es-ein-gutes-fundament/

(13) https://berufungmami.de/interview-rainer-boehm/

(14)